16.02.2005

Das Beste, was zu kriegen war

Zuschauer in Ellis Saal amüsieren sich zwei Stunden köstlich mit dem Starclub

Von Susanne Wenk
WEITERODE. Ein „Kapitän der guten Laune” sieht anders aus. Aber Hieronymus war nach eigenem Bekunden „der netteste, der zu kriegen war”. Seine Spezialität: Preußisches Entertainment. Bei diesem Conferencier war Vorsicht angesagt. Doch irgendwann entpuppte sich der schlecht gelaunte und düstere Geselle jedoch zum begnadeten Magier erster Güte mit Hang zum trockenen und schrägen Humor. Kein Zweifel: das Motto des Starclub Kassel - „Hart aber herzlich” - war durchaus ernst zu nehmen. Wer sich aber am Montagabend im vollbesetzten Ellis Saal nicht trotzdem über zwei Stunden lang köstlich amüsierte, dem war nicht zu helfen. Definitiv.

Hieronymus zeigte sich immer wieder wandlungsfähig, nicht nur was seine Kostüme betraf: Mal kokettierte er als Frauenliebling, mal als pädagogisch wertvoller Miet-Zauberer. Auch sein Umgangston wurde fast freundlich, wenn er „Zivi Harry” als Dienstbote (miss-)brauchte oder die „hoch geschätzten Techniker” um spezielle Effekte bat. Steigerungsfähig war Hieronymus auch in Sachen Magie: Er verwandelte einen zehn Euroschein in einen Hunderter, be-herrschte einen Dollartrick und brach sogar ein Tabu, indem er einen Trick öffentlich erklärte. Nur der entscheidende Moment blieb letztlich schleierhaft - wie nämlich das rote Tuch in seiner Hand weiß wird, und wo das echte Ei herkommt.
Das begeisterte Publikum beugte sich dem preußischen Drill zum Trotz vor Lachen. Spätestens als Toni, die weiße Tigerente mit Maulkorb, Quartettkarten erschnüffelte, begann man ihn zu lieben, den Magier erster Güte.

Das Prädikat Erste Güte verdienten auch die anderen Künstler, die mit hochklassiger Artistik und grandioser Körperbeherrschung das Publikum zum Staunen brachten. Bei einer schwungvollen Hula-Hoop-Nummer verlor man vor lauter Reifen die Artistin fast aus den Augen. Auf seiner freistehenden Leiter hätte Robert Berousek beinahe die Scheinwerfer an der Decke ausknipsen können. Stattdessen jonglierte er in schwindelerregender Höhe sogar noch mit Keulen. Biegsam wie eine Schlange verbog die Moskauerin Maria Margiyeva ihren gertenschlanken Körper in hinreißende Skulpturen. Kontorsion wird im Duden übersetzt mit Verdrehung,Verrenkung eines Gliedes. Diese Definition ist im Fall von Maria die schiere Untertreibung. Nach den Verbiegungen am Boden bewegte sie sich imzweiten Teil am Tuch in luftige Höhe, schaukelte kopfüber, machte einen Spagat, der keinen Boden brauchte. Wunder-bar auf die Musik abgestimmt, tanzte die Gummifrau, als würde sie nur selten den Boden betreten. Der Begriff Tempo erhielt mit Mario Berousek eine neue Bedeutung: Als der
Jongleur rasant bis zu sieben Keulen durch die Luft wirbelte, wurden neue Dinge sichtbar. Was hatte der Mann da eben noch in der Hand?
Weniger elegant als kämpferisch boten die Curatola Brothers aus Italien Kraft pur. Jener, der seinen Bruder in der Luft halten musste, war wenig beneidenswert. Überschlag, Handstand, Salto – alles war möglich bei den sympathischen Brüdern, die ihre Show mit einigem Mafiosi-Charme würzten. Die gelungene Mischung aus Jonglage, Artistik, Magie und Humor zeigte Wirkung. Das Publikum wollte mehr. Bis Hieronymus das letzte Wort hatte: „Ich mach schon mal den Bus an.”

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