25.01.2010

Der Kanzlerin voran

Weiterode. Sogar der sprichwörtliche letzte Platz war in Ellis Saal besetzt, als Simone Solga auf die Bühne kam. Die Kanzlerinnensouffleuse bot dem vergnügten Publikum nicht nur einen Blick in die Handtasche der mächtigsten Frau Deutschlands, sondern auch einen Einblick in die Intimsphäre der Berliner Republik.

Simone Solga sparte zu Beginn ihres fulminanten Wortgewitters nicht mit Komplimenten für die Weiteröder. Doch wer in der ersten Reihe saß, musste an diesem Abend immer wieder damit rechnen, dass er von Simone Solga in ihr Programm mit einbezogen wurde. Die Kabarettistin kündigte sich als so genanntes Kanzlerinnenvorauskommando an – und kündigte Angela Merkels Besuch in Ellis Saal für die kommende Woche an.

Merkel sei die Hardware und Solga die Software, erläuterte die blonde Wahlmünchnerin. Und überhaupt: Hätte Schabowski einen Souffleur gehabt, müssten wir heute keinen Solidaritätsbeitrag zahlen – die Mauer wäre nie gefallen, mutmaßte Simone Solga.

Manchmal brauchte das Publikum einen kleinen Moment, bis der Witz ankam – dafür aber richtig. Und Simone Solga hatte ständig die Lacher auf ihrer Seite.

Egal, ob sie über Brüssel als Endlager für ausgebrannte Ministerpräsidenten (wie Stoiber und Oettinger) lästerte, oder feststellte, dass man in kriminelle Karrieren leicht reinrutsche: „Biste Katholik, trittste in die CDU ein und wirst Schatzmeister“ – das Publikum war begeistert. Ob sich Kohl unter den blühenden Landschaften vorgestellt hat, dass ganze Ortschaften einfach der Natur überlassen würden, weil es dort keine Menschen mehr gibt?

Schnitte futternd und Tee trinkend saß Simone Solga auf der Bühne und moserte über den gegelten Handyverkäufer Murat und wünschte sich ein neues, ein entschleunigtes Leben. In diesem würde sie ihre Mailbox nur am 29. Februar und ihre Mails nur einmal im Monat abrufen – und SMS würden grundsätzlich mit einem Brief beantwortet.

Doch weil das noch nicht funktioniert und auch Solga nach dem Vibrationsalarm ihres Handys süchtig ist, muss sie noch weitermachen und als Kanzlerinnensouffleuse berichten, wie es bei Merkels unter dem Sofa zugeht.

Von Sylvia Hubele

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