28.07.2012

Im Land der Vorschriften

Weiterode. In Argenteuil aufzuwachsen ist noch peinlicher als in Ronshausen. Alfons stammt aus der Pariser Trabantenstadt. Und er hat recherchiert und weiß, dass ein solcher Spruch in Weiterode gut ankommt.

Am Donnerstag gastierte der Kultreporter auf Einladung des Kultursommers Nordhessen in Ellis Saal und wurde vom Publikum – auch von den Ronshäusern darunter – begeistert gefeiert.

Seit 20 Jahren lebt der französische Kabarettist in Deutschland und hört nicht auf, sich über seine Gastgeber zu wundern. Seine Erkenntnisse schildert er seinen Kumpels Etienne und Gillette in Argenteuil. Und die können nicht fassen, dass sich ihr Freund in diesem seltsamen Land so wohl fühlt.

In einem Land, in dem man bei roter Ampel anhält – auch als Fußgänger in strömendem Regen, wenn kein Auto kommt. Hier, wo man die Kehrwoche in Mietshäusern auch dann wahrnimmt, wenn alles sauber ist. Wo es ein Bundeskleingartengesetz gibt. Für die Vorschriften stets befolgenden Deutschen hätte es keinen Mauerbau gebraucht – eine rote Ampel hätte genügt, glaubt der Meister der Ironie.

Alfons, eigentlich Emmanuel Peterfalvi, versteht uns noch nicht. Kein Wunder: So, wie er Selbstverständliches aus Deutschland in seinen Interviews präsentiert, verstehen wir uns ja selber nicht. Und mit Liebe und Erotik haben wir es auch nicht so. Das beweist Alfons mit seinen Filmen, die er dem Publikum auf einer Leinwand präsentiert. Welche Rundungen sind deutschen Männern am liebsten? Die eines Bierfasses. Im hohen Alter nochmal verlieben? Das machen nur Idioten.

Alfons steht auf der Bühne, grinst verschmitzt und gibt mit verführerisch-französischem Akzent kleine Bosheiten von sich. Er ist Gast in Deutschland und weiß, was sich gehört. Er mischt sich nicht ein. Aber haben wir bei der jüngsten Bundestagswahl wirklich auf dem Schirm gehabt, dass Guido Westerwelle Außenminister wird? Dass uns dieser Mann im Ausland repräsentieren wird? Alfons fragt ja nur, er mischt sich nicht ein.
Hollande kennt niemand

Gut, in Frankreich ist auch nicht alles perfekt, wie wir hören. Sarkozy ist weg – gut für das Land, schlecht für Kabarettisten. Jetzt haben sie dort Hollande. Den kennt kein Schwein, sagt Alfons. Als Präsident wäre Dominique Strauss-Kahn besser gewesen – der kennt alle Schweine. Und Kabarettisten hätte er Futter gegeben.

Der deutsch-französischen Freundschaft hat Alfons’ Auftritt gut getan (auch wenn seine Interviewpartner sie nicht sooo wichtig finden). Das Publikum erkämpft sich mit einem perfekten dreistimmigen Kanon mit Frère Jacques die Zugabe. Und Alfons bedankt sich bei Fans und dem Kulturverein Ellis Saal – mit dem „‘erzen“.

Von Silke Schäfer-Marg

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